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Chinas Autoindustrie steigt der Erfolg zu Kopf

2010-09-06

Von Johnny Erling

Angesichts der rasant wachsenden Produktionszahlen in der heimischen Autoindustrie schlagen Chinas Wirtschaftsplaner Alarm: „Die Risiken verschärfen sich. Wir müssen die Überkapazitäten stoppen", forderte Pekings oberster Industriekoordinator Chen Bin von der staatlichen Reform- und Entwicklungskommission (NDRC) am Wochenende. Dass im vergangenen Jahr in China 13,64 Millionen Fahrzeuge verkauft wurden und damit mehr Autos als in den USA, sei den Herstellern offenbar zu Kopf gestiegen. In den Provinzen sei eine „Massenkampagne zur Herstellung von Autos" in Gang. Es werde „blindlings investiert". Allein die 30 größten Automobilproduzenten Chinas wollten ihre Kapazitäten während des zwölften Fünfjahresplans (2011 bis 2015) auf 31,24 Millionen Fahrzeuge verdoppeln, warnte Bin laut der Nachrichtenagentur Xinhua. „Das geht weit über den Bedarf hinaus."

Auch Experten wurden von der aktuellen Entwicklung überrascht: Ende Juli erschien das „Blaubuch der Automobilindustrie 2010" mit einer Langzeit-Prognose über die Pkw-Nachfrage bis 2030. Darin sagten Branchenanalysten voraus, dass die Nachfrage bis 2020 im Durchschnitt um zehn Prozent pro Jahr steigen werde und um fünf Prozent pro Jahr bis 2030. Die Hersteller würden ihre Kapazitäten entsprechend ausbauen, glaubten die Experten. Tatsächlich aber sind die Produzenten der Absatzentwicklung weit voraus: Für das Jahr 2027 prognostiziert das Blaubuch eine Nachfrage von 30 Millionen Autos – allein die 30 größten Hersteller Chinas könnten diesen Bedarf schon in fünf Jahren decken. Hinzu kommt die Konkurrenz durch die ausländischen Anbieter: VW, Audi, Mercedes und BMW erhöhen nach den Rekordabsatzzahlen der jüngsten Zeit gewaltig ihre Kapazitäten in China.

Den großen Auto-Konzernen aus dem Ausland steht die chinesische Industrie ineffizient und zersplittert gegenüber. Statt durch Zusammenschlüsse etwa sechs bis acht große konkurrenzfähige Herstellergruppen zu bilden, die innovativ und ressourcenschonend produzieren könnten, schießen immer neue Fabriken in immer mehr Regionen aus dem Boden. Inzwischen könnten in 27 der 31 Provinzen Chinas komplette Fahrzeuge gebaut werden, beklagte Chen Bin. Der Grund: Die Provinzen sehen im Automobilbau eine Schlüsselindustrie für ihr Wachstum und ködern Firmen mit Vorzugsbedingungen bei Landnutzung und Steuern.

Die Folgen seien absehbar, warnte Chen Bin: Rabattschlachten, unausgelastete Anlagen, mangelnde Effizienz, wachsende Lagerhaltung. Falls solchen Fehlentwicklungen nicht entgegengesteuert werde, könnten sie „großen Einfluss auf die Gesamtwirtschaft nehmen".

Doch das Umfeld verschlechtert sich. Einheimische Auto-Hersteller wie Shenzhens BYD haben ihre Verkaufsziele für 2010 gesenkt. In Pekings Chaos-Verkehr sind derzeit 4,4 Millionen Autos unterwegs. Bis 2015 werden es sieben Millionen sein – der Stadt droht der Kollaps. An anderer Stelle gibt es ihn schon: Seit drei Wochen macht der Superstau von Kohlelastern Schlagzeilen, der Hunderte Kilometer Straße von der Inneren Mongolei aus nach Peking verstopft. Das sind wenig autofreundliche Botschaften. Die ersten Debatten über die Motorisierung Chinas, mehr Gütertransport über die Schiene und den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs haben schon eingesetzt.

  (Quelle:Die Welt Online 05.09.2010)

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