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Keine Angst vor China

2010-10-13
 

Herr Löchel, Europa und Amerika klagen China an, einen Währungskrieg zu provozieren. Zu Recht?

Der Beschluss des amerikanischen Repräsentantenhauses, Strafzölle gegenüber China zu erheben, beschwört viel eher einen Handelskrieg herauf. Am Ende werden alle Beteiligten zu den Verlierern gehören. Dass auch die EU China in die Währungsfrage angreift, ist umso unverständlicher, als der Euro gegenüber dem Yuan in der Spitze in diesem Jahr bereits bis zu 16 Prozent abgewertet hat. Natürlich ist der Yuan nach wie vor unterbewertet. Warum aber mit Kanonen auf Spatzen schießen?

Werden die Chinesen den Yuan wie gefordert bald aufwerten?

Ja, das werden sie. So wie sie das bereits in den Jahren 2005 und 2008 getan haben: durchschnittlich um rund acht Prozent pro Jahr. Eine kontrollierte Aufwertung liegt im Interesse Chinas, um mit sinkenden Importpreisen die inländische Inflation im Griff zu halten. Grundsätzlich will China weg von seinem starren Wechselkurssystem, das das inländische Wachstum von der Exportwirtschaft abhängig macht.

Aber die Chinesen haben sich doch diese Woche stur gestellt- und als Grund genau die Gefahr eines verlangsamten Wachstums genannt!

Es geht hier um einen globalen Machtpoker im Vorfeld des Weltbanktreffens in Washington und des G-20-Gipfels in Seoul. China möchte Zugeständnisse vom Westen für eine nachhaltige Aufwertung des Yuan- beispielsweise von Europa die Anerkennung des Status einer Marktwirtschaft. Auch wünscht man sich, dass Amerika den Export bestimmter amerikanischen Hightech-Technologien nach China erlaubt.

Harvard-Ökonom Kenneth Rogoff hat für China einen Crash vorausgesagt, weil der Immobilienmarkt zusammenbrechen werde. Wächst dort eine Blase?

Ich sehe keinen Crash und keine Blase. Richtig ist, dass an Chinas Ostküste, in Schanghai und Peking, in den vergangenen zwei Jahren die Grundstücks- und Häuserpreise explodiert sind. Aber nicht im Rest des Landes, nicht in der 10-Millionen-Stadt Chengdu, nicht in der 30-Millionen-Metropole Chongqing. Im Westen, wo die Mehrzahl der 1,3 Milliarden Chinesen nach wie vor lebt, hat die Urbanisierung gerade erst begonnen.

Ist es nicht unwichtig, welche Stadt die Blase aufpumpt- sondern wie groß sie ist?

Sicher gibt es ungesunde Entwicklungen, aber keine Blase. Viele chinesische Unternehmen investieren lieber in den renditeträchtigen Immobilien- oder Aktienmarkt, als etwa mühselig Zahnpasta mit dünnen Margen zu produzieren.

So hat der amerikanische Albtraum doch angefangen: Investoren haben auf steigende Häuserpreise gewettet.

Es gibt aber einen wesentlichen Unterschied zu Amerikas Subprime-Krise: Die Chinesen zahlen ihre Wohnungen bar. Wenn Sie in China die erste Immobilie kaufen, müssen Sie 30 Prozent selbst finanzieren. Bei der zweiten Wohung sind es schon 40 Prozent Eigenkapital. Den hohen Verschuldungsgrad, der in Amerika die Hauptursache für die Krise war, gibt es also in China nicht.

Also alles gut im Reich der Mitte?

Die chinesische Regierung muss vor allem dafür sorgen, dass die Ungleichheit der Einkommensverteilung nicht noch weiter zunimmt. Die Blase im Immobilienmarkt ist eher zweitrangig. Wenn sie platzt, werden die Häuserpreise vielleicht um fünf, maximal um zehn Prozent sinken. Danach werden sie weiter steigen, vor allem im Westen Chinas.

Das Gespräch führte Hendrik Ankenbrand.

Horst Löchel lehrt Volkswirtschaft an der Business School CEIBS in Schanghai und an der School of Finance in Frankfurt

(Quelle: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 10. Oktober 2010)

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