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Chinesische Mauer gegen Dollar-Flut

2010-11-13
 

Kräftemessen zwischen China und den USA: Anlässlich des G20-Gipfels hat sich China mit einer Änderung der Geldpolitik demonstrativ gegen die Geldschwemme aus den USA gewappnet. Die Amerikaner wiederum verweisen auf den künstlich niedrig gehaltenen Wechselkurs – und setzen die Exportnationen unter Druck.

Die Zentralbank erhöhte den Mindestreservesatz für Geschäftsbanken um 0,5 Prozentpunkte. Peking verknappt damit für die eigene Wirtschaft das Geld. Dagegen hatte die Notenbank der USA vor einer Woche eine starke Ausweitung der Liquidität beschlossen.

"Die lockere Geldpolitik in Amerika bedeutet großen Druck für China", sagt Li Ruogu, Präsident der staatlichen China Eximbank. Überschüssiges Kapital aus den USA würde nach Fernost fließen und zur Überhitzung der Märkte beitragen. US-Präsident Barack Obama nahm gestern die entgegengesetzte Haltung ein - und verlangte schriftlich von China und Deutschland einen deutlichen Beitrag zum Abbau des US-Handelsdefizits.

Doch auch vom Handelsblatt befragte Ökonomen (siehe Beistücke) in China und Brasilien sehen in der Dollar-Flut die größte Gefahr für ihre Wirtschaften. Nach ihrer Meinung ist die Zeit vorbei, da die US-Notenbank ihre Geldpolitik nur an eigenen Interessen orientieren kann. Die Vertreter der Schwellenländer fordern deshalb ein neues Weltwährungssystem mit festen Wechselkursen. Europäische Volkswirte sehen dagegen beide Seiten in der Pflicht. Wenn Überschussländer wie Deutschland und China ihre Nachfrage erhöhen würden, könnte Amerika zu einer restriktiveren Geldpolitik zurückkehren.

Dass sich die G20 auf eine derartige Arbeitsteilung einigt, ist unwahrscheinlich. Zu groß ist die Verzweiflung in den USA angesichts der hohen Arbeitslosigkeit von fast zehn Prozent. Und zu groß ist die Angst der Schwellenländer, dass hohe Kapitalzuflüsse ihre Volkswirtschaften aus den Angeln heben.

Investoren stürmen Hongkong

Experten der Credit Suisse haben bereits einen starken Mittelzufluss an den Finanzplatz Hongkong ausgemacht. Hongkong gehört zu China, die Banken dort agieren jedoch außerhalb der Kapitalkontrollen des Landes. Schon in Erwartung der geldpolitischen Lockerung durch die US-Notenbank sind seit September 107 Mrd. Hongkong-Dollar an Anlegergeld auf dortige Konten geflossen; auch der örtliche Aktienindex und der Währungskurs sind deutlich gestiegen. Die Zentralbank in Peking registriert zudem trotz dichter Kontrollen einen Zufluss von Spekulationsgeld in Yuan-Geldanlagen.

Auch die Exportwirtschaft holt weiter zusätzliche Mittel ins Land. Der Exportüberschuss lag im Oktober mit 27,1 Mrd. Dollar weit höher als erwartet. China schwimmt in Liquididät. Das Geld treibt die Preise. Heute kommen in Peking die Inflationszahlen für Oktober heraus. Ökonomen sagen einen Anstieg auf über vier Prozent voraus.

Das macht die Kommunisten nervös. Auf nichts reagiert das Volk so empfindlich wie auf die Preise. Wenn die Regierung aber den Leitzins weiter erhöht, die Kreditvergabe der Banken stark eindämmt oder den Außenwert des Yuan erhöht, droht die Konjunktur ins Stocken zu geraten. Das wiederum würde die Weltwirtschaft bremsen. Schließlich ist China auch für andere Länder der wichtigste Wachstumsmotor.

Chinas Präsident Hu Jintao bleibt daher nichts anders übrig, als beim G20-Treffen eine harte Linie gegen Obama zu fahren. Der Amerikaner sieht das anders und verweist auf den künstlich niedrig gehaltenen Wechselkurs des chinesischen Yuan, der die Ungleichgewichte im Handel noch verstärkt. Aber auch Deutschland nimmt Obama in den Fokus: in einem Brief an die G20-Kollegen räumte er ein, dass die USA ihren Konsum auf Pump einschränkten müssten. Aber mit Blick auf China und Deutschland schrieb er, andere Ländern müssten auch etwas tun.

Eigentlich müssten beide Lager die Situation des anderen Seite besser verstehen. Denn in gewisser Weise ergeht es China heute so wie den USA vor einigen Jahren. Ab 2004 wurde Amerika von einer globalen Welle aus Ersparnissen und Devisenreserven überschwemmt. Das führte zum exzessiven Boom und zur Finanzkrise. Obama weiß also, wovor Hu Jintao sich fürchtet. Und der Chinese weiß, warum die USA die Welt mit Dollar fluten.

Dennoch wird man in Seoul bestenfalls einander zuhören. Für ein gemeinsames Handeln ist die Lage der Länder heute zu verschieden. Das war beim Gipfel 2009 in London noch anders. Damals waren alle gleichermaßen von der Finanzkrise bedroht und kooperierten nach Kräften, um die Weltwirtschaft wieder auf Kurs zu bringen.

"Nationalstaaten denken national"

Diesmal laufen die Interessen der USA und der Exportländer völlig auseinander, weswegen die Hoffnung auf ein starkes Ergebnis immer kleiner wird, je näher der Gipfel rückt. "In einer idealen Welt wäre die Richtung klar, in die der Gipfel arbeiten sollte. In der Realität treffen dort jedoch immer noch Nationalstaaten aufeinander", sagt Cui Liru, Präsident des Institute of Contemporary International Relations in Peking.

(Quelle: Handelsblatt)

 

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