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Chinas gefühlter Sieg

2011-08-18

von: Bernhard Bartsch

 
China zieht Selbstbewusstsein aus der Krise des Westens – nicht unbedingt zu Recht.

Ist China der Gewinner der Krise in den USA und Europa? Von einem gefühlten Sieg kann man allenfalls sprechen. Das mag besser scheinen als die krachende Niederlage, die die Amerikaner derzeit verkraften müssen. Doch gefühlte Siege sind gefährlich. Sie versperren den Blick auf das eigentliche Spiel – und das ist noch lange nicht entschieden.

Die Fixierung auf China verrät mehr über den Westen als über die künftige Rolle der Volksrepublik oder gar eine neue Weltordnung. Die Verunsicherung ist groß und wer könnte da besser als neue Ordnungsmacht auftreten als die Chinesen, denen alle großen Sorgen des Westens fremd zu sein scheinen: Wir haben die Kontrolle über unsere Währungen verloren, die Chinesen haben sie nie abgegeben. Wir haben Schulden, die Chinesen Devisenreserven. Bei uns herrscht Stagnation, in China boomt es. Ist doch klar, wer da gewinnen muss. Aber worin besteht eigentlich Chinas Gewinn – und was können sich die Chinesen dafür kaufen? Die derzeitige Krise hat – mindestens – zwei Dimensionen: eine politische und eine wirtschaftliche.
Politisch spielt die Krise Chinas Regierung in die Hände. Die Chinesen, die ihrem historischen Selbstverständnis nach mehr Anspruch auf einen Weltmachtstatus zu haben glauben als jedes andere Land, empfinden die globale Dominanz des Westens seit jeher als nationale Beleidigung. Dass die USA politisch gelähmt erscheinen, erfüllt viele Chinesen deshalb mit Genugtuung.

Auch außenpolitisch kann China von der Schwäche der USA profitieren, doch der Gewinn fällt dabei deutlich geringer aus als in der Innenpolitik. Einerseits gewinnt Chinas Stimme in internationalen Verhandlungen an Gewicht, andererseits sehen Nachbarn wie Südkorea, Japan, Vietnam und Indien das chinesische Großmachtgebaren mit wachsender Beunruhigung und versuchen, Allianzen zu schmieden, um Pekings Einfluss in der Region einzudämmen. Eine Rolle als regionale oder gar globale Großmacht wird China keineswegs angetragen.

Dass die Volksrepublik dafür dennoch als natürlicher Anwärter gilt, verdankt sie ihrer Wirtschaftskraft. Wirtschaftlich ist in dieser Krise allerdings kein Land ein Gewinner, es gibt nur größere Verlierer und kleinere. Aller politischen Rivalität zum Trotz haben die USA und die Volksrepublik in den vergangenen Jahrzehnten wirtschaftlich symbiotisch zusammengelebt. Die Amerikaner sind die bedeutendsten für chinesische Waren. Gleichzeitig liehen die Chinesen den Amerikanern das Geld, mit dem diese bisher chinesische Produkte kauften. Doch nun leiden unter der Schwäche der USA auch Millionen Chinesen, die in der Exportindustrie arbeiten. Wenn die Bestellungen einbrechen, verlieren sie ihre Jobs und ihre Familien, die meist im unterentwickelten Hinterland leben, häufig ihr einziges Einkommen. Peking sieht darin eine Gefahr für den sozialen Frieden.
(Quelle: Badische Zeitung,14.08.2011)
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