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Leserbrief von Prof. Pohl über das Chinabild in Deutschland

2011-11-17

Zu „Eine harmonische Welt"(F.A.Z. vom 8.11.2011):
Das Chinabild ist hierzulande bereits in bedenklicher Weise auf negative Ausschnitte reduziert – allen voran stehen bekanntlich Berichterstattungen in den Medien um Ai Weiwei, Liu Xiaobo und Liao Yiwu (wenn man sich China nicht gerade für die Rettung des Euro wünscht). Und nun gewährt die FAZ einem bekannten Sinophoben auch noch eine ganze Seite, um seine Sicht auf das böse China darzutun. Es ist fürwahr ein Jammer! Herr Rudolph ist inzwischen nicht nur als Deutschlands lautstärkster Warner vor einer neuen Gelben Gefahr bekannt (Titel eins seiner Bücher: „Wenn China über die Welt kommt"…), mit seiner extremen Sicht auf China, die jedoch leider dem ideologisch korrekten Mainstream unserer Medien entspricht, ist er sogar zum politischen Zensor der Deutschen Welle aufgestiegen (dort allerdings eher unverfänglich und politisch korrekt „Monitor" genannt), und zwar mit dem Ergebnis, dass von der DW nichts mehr gesendet werden darf, was nur den Anschein von China-Freundlichkeit besitzt. Als Sinologe, der sich seit Jahrzehnten mit China beschäftigt und mit dortigen Kollegen auf allen Ebenen gute wissenschaftliche Kontakte pflegt, rauft man sich die Haare ob solchen politischen Eiferertums und des dadurch angerichteten Schadens – sowohl für das Fach als auch für chinesisch-deutsche Kooperationen in jeglicher Hinsicht. Aber man fühlt sich hilflos –  ein Leserbrief, wenn er überhaupt gedruckt, wird dagegen untergehen.
 
Folgt man Herrn Rudolph, so werden also die Konfuzius-Institute von militärisch anmutenden „Hauptquartieren" geleitet, gesteuert von sinisteren Parteisoldaten und Zensoren, die nichts anderes als eine wie auch immer geartete „Einheitsfront" und damit Gängelung der deutschen Wissenschaft im Sinn haben. Abgesehen von der Überspitztheit dieser Vision fragt man sich bei Herrn Rudolphs suggestiv wirkender Übersetzung von chinesischem Standardvokabular für Organisationsebenen, ob der eigentlich sinologisch ausgebildete Verfasser einfach nicht weiß, dass auf chinesisch „zongbu" nicht nur (militärisches) „Hauptquartier", sondern einfach oberste Zentrale einer wie auch immer gearteten Organisation bedeutet, oder ob er nicht eher von dem Gedanken geleitet ist – um des Effektes willen –, dem uninformierten deutschen Leser militaristische Zusammenhänge zu suggerieren, die jedoch im Original gar nicht existieren. Hauptsache, das Bild verfestigt sich im Leser von böswilligen und undemokratischen Machenschaften, denen man sich dann also zu erwehren wünscht. Die Frage ist nur, ist dies Aufklärung der Leserschaft, oder nicht eher der Versuch einer subtilen Diffamierung, um der eigenen extremen Sicht der Dinge größeres Gehör zu verschaffen – und somit Ansätze einer fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen China und Deutschland zu torpedieren?  
 
Karl-Heinz Pohl
Prof. emer., Sinologie, Universität Trier
 
(Quelle: FAZ   14.11.2011)
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