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Chinas Weg zur klimafreundlichen Supermacht

2011-12-10
 
 China im Jahr 2025: Das Land ist zur größten Wirtschaftsmacht der Welt aufgestiegen, in einem engen eurasischen Bündnis mit Indien und der EU. Die Volksrepublik erzielt einen Großteil ihres Wohlstands, indem sie grüne Technologien entwickelt und exportiert. Gemeinsam mit der EU hat Peking in der Uno-Charta eine "Schuldenbremse" durchgesetzt, für Geldschulden wie auch für "ökologische Schulden", die nun bei der Berechnung der Wirtschaftsleistung berücksichtigt werden. Die CO2-Emissionen beginnen weltweit zu sinken, außer in den USA. China ist es gelungen, die Vereinigten Staaten vollkommen zu isolieren. Die frühere Supermacht versinkt in Schulden und der Unfähigkeit, sich ökologisch zu modernisieren. Eurasien bildet unter chinesischer Führung die eigentliche Weltmacht. 
  • China im Jahr 2025: Das Land ist zur größten Wirtschaftsmacht der Welt aufgestiegen, in einem engen pazifischen Bündnis mit den USA. Die Volksrepublik erzielt einen Großteil ihres Wohlstands, indem sie Amerika mit billigem Geld und billigen Konsumartikeln versorgt. Aber der Preis für den Aufstieg ist hoch: Die chinesischen CO2-Emissionen sind höher als die der gesamten restlichen Welt, pro Kopf liegt der Wert längst über dem der alten Industriestaaten. Weil immer mehr Dürren, Überschwemmungen und Hungerkrisen die Menschheit plagen, ist Peking in der Weltöffentlichkeit zum Hauptschuldigen für die Klimakrise geworden. Mehr als hundert Staaten, darunter die EU, bilden ein offizielles Bündnis gegen "Chimerica". Warnungen vor einem "Klimakrieg" werden lauter.
  • Diese zwei Szenarien sind das eigentliche Thema beim Uno-Klimagipfel von Durban. Wird das Weltklima der Zukunft von Chimerica oder Eurasien bestimmt? Es ist die Entscheidung für den einen oder anderen Weg, um die es in Südafrika geht. Nur auf den ersten Blick erscheint es so, als liefe hier bis Freitag eine Zusammenkunft von bedauernswerten Technokraten, die sich mit den Abgasen des industriellen Wohlstands befassen müssen. In Wahrheit geht es auf dem Gipfel um etwas viel Größeres: um die Frage, welche Rolle die neue Supermacht China in den kommenden Jahren und sogar Jahrzehnten einnehmen wird.

    "Der Klimawandel ist kein Thema für sich, er ist eingebettet in die neue internationale Machtverteilung", sagte Bundesumweltminister Norbert Röttgen am 7.Dezember. Was das bedeutet, war schon auf dem Klimagipfel von Kopenhagen 2009 zu sehen: Damals verbündeten sich die USA und China dagegen, einen Weltklimavertrag zu schaffen, weil er tief in die Energieerzeugung und die Konsumgewohnheiten beider Länder eingegriffen hätte. Bundeskanzlerin Angela Merkel und die anderen europäischen Regierungschefs erfuhren auf brachiale Weise, wie machtlos sie sind, wenn "Chimerica" die Muskeln spielen lässt. Das von der Finanzkrise gebeutelte Europa plagt seither die Angst, dass sich dies auf anderen Politikfeldern wiederholt.

    Die überraschende Wende von Durban

    Doch zur Überraschung fast aller Unterhändler kam es beim Gipfel von Durban zu einer Wende: Während die USA klimapolitisch gelähmt bleiben und in ihrer Blockadepolitik verharren, deuteten Spitzenvertreter Chinas erstmals an, dass sie einem Weltklimavertrag doch zustimmen könnten, wie die EU es fordert. Es wäre ein Vertrag, der erstmals chinesische Pflichten zur Reduktion des CO2-Ausstoßes beinhalten könnte. Noch fehlen die Details, noch hat etwa Umweltminister Röttgen Zweifel, aber offenbar meint Peking es ernst: Chinesische Verhandler haben vor der Zusammenkunft in Durban sogar versucht, Indien für einen neuen, progressiven Kurs zu gewinnen. Kommt es in Durban so, wäre der Weg für ein eurasisches Klimabündnis frei.

    "Wenn China und die EU sich zusammentun und eine positive Bewegung erzeugen, wäre das eine fundamentale Veränderung der politischen Landschaft, die sehr viel nach sich ziehen würde", sagte Röttgen am Mittwoch. Da bewies der Bundesumweltminister geopolitisches Gespür.

    China steht vor der Entscheidung, wie es seinen Weg vom Entwicklungsland, als das es offiziell noch gilt, zur globalen Supermacht gestaltet. Dabei steht Peking vor einer schwierigen Wahl: Ein pazifisches Bündnis in Form von "Chimerica" ist der einfachere Weg, der schnellen Wohlstand verspricht und damit den Kitt, der das heutige Machtsystem kurzfristig zusammenhält. Neue Kohlekraftwerke, Millionen von neuen Autos und ein Bauboom, bei dem Energiesparen keine Rolle spielt, würden den Chinesen sehr schnell den "American Way of Life" eröffnen und die Bevölkerung befrieden.

    Doch auf längere Sicht könnte die zweite, die eurasische Option für China viel interessanter sein: Wenn das Land sich in Durban gegen die USA stellt und in der Klimapolitik gemeinsam mit der EU und Indien vorangeht, würde es erstmals auf der Weltbühne zugleich als globale Führungsmacht und als "good guy" auftreten. Für ein Land  wäre das ein erheblicher Fortschritt.

    China am Scheideweg

    Ein Bündnis mit der EU und Indien für einen umfassenden Weltklimavertrag könnte auch ökonomisch vielversprechend sein. Europa wie China investieren bereits heute massiv in erneuerbare Energien, für China wird der Export von Solarzellen und anderen grünen Technologien immer wichtiger. Kommt es zum Beispiel zu gemeinsamen eurasischen CO2-Zielen und einem eurasischen Handel mit CO2-Zertifikaten, könnte das die chinesische Wirtschaft schnell sauberer machen. Da Umweltverschmutzung schon heute hinter vielen Protesten und Unruhen in China steckt, würde auch ein solcher Kurs politische Stabilität versprechen. Zudem könnte China glaubhafter in Afrika auftreten, dem Kontinent, der wohl am stärksten vom Klimawandel betroffen sein wird.

    Allerdings ist die Option "Eurasien" für China auch der schwierigere Weg. Denn er würde kurzfristig einen gewissen Verzicht auf schnellen, fossil befeuerten Wohlstand bedeuten. Wohl deshalb sind die offiziellen Äußerungen noch vage: In der chinesischen Führung läuft gerade ein Machtkampf, welchen Weg man gehen soll.

    Dass diese Auseinandersetzung aber überhaupt stattfindet, macht den Klimagipfel von Durban, den viele schon als unbedeutend abgeschrieben hatten, plötzlich sehr interessant. Den US-Vertretern vor Ort ist die Panik anzumerken, in Zukunft isoliert dazustehen. Die Führung um US-Präsident Barack Obama weiß, dass sie innenpolitisch keine Chancen hat, im eigenen Land Energiesparen und Öko-Investitionen durchzusetzen. Die USA sind offenbar kulturell unfähig zu einem solchen Wandel. Die Angst Obamas vor einem chinesischen Kurswechsel ist berechtigt: Mit einem geläuterten China würde Amerika auf immer als Hauptsünder dastehen und für alle Klimakatastrophen der Zukunft verantwortlich gemacht werden.

    Aus amerikanischer Sicht ist ein eurasisches Klimabündnis also der Katastrophenfall. Es würde offensichtlich, wie unfähig die auf Kurzfristigkeit gepolte amerikanische Demokratie ist, auf globale Herausforderungen zu reagieren oder sogar die Führung zu ergreifen. Für China dagegen ist "Eurasien" eine reale und verlockende Machtoption, ein ideales Feld, um die Kraft zu Langfristigkeit und globalem Einfluss unter Beweis zu stellen. Vielleicht wäre es sogar die Tür zu einem grünen "Chinese Way of Life" der ferneren Zukunft. Im Abschlussdokument von Durban werden die geopolitischen Konturen der Welt von morgen sichtbar.

    (Quelle:der Spiegel)

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