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In China entsteht eine gewaltige Innovationsmacht

2012-12-15
China ist nicht mehr nur die „verlängerte Werkbank der Welt". Die asiatische Nation wird zunehmend selbst erfinderisch. Derzeit stammen 7 Prozent der im Europäischen Patentamt angemeldeten Patente aus China. Das Anmeldeaufkommen aus China hat in den vergangenen fünf Jahren beim Europäischen Patentamt (EPA) um ein Drittel zugenommen. Der Präsident des Österreichischen Patentamtes, Friedrich Rödler, sieht angesichts dieser Entwicklung europäischen Handlungsbedarf und fordert ein einheitliches EU-Patent. Das würde den Unternehmen mehr Schutz und geringere Kosten bringen, sagte Rödler im Rahmen des Forums Alpbach im gleichnamigen Tiroler Bergdorf.
                     
                          Sitz des Europäischen Patentamtes in München

China soll laut seiner „Patent Developement Strategy" bis zum Jahr 2015 unter den ersten Nationen bei globalen Patentanmeldungen sein. Doch nicht nur China ist auf dem Vormarsch. Gemessen an der Patentaktivität je Million Einwohner, haben Japan, die Vereinigten Staaten, Südkorea und Israel Europa weit überholt, gibt Rödler zu bedenken. Fast jede dritte Patentanmeldung für den europäischen Raum kommt mittlerweile aus China, Japan und Südkorea.

 Die „Bombe" tickt

Nichteuropäer haben im vergangenen Jahr beim Europäischen Patentamt wesentlich mehr Patente angemeldet als Erfinder aus EU-Staaten. Von den insgesamt rund 245000 Anmeldungen entfielen demnach nur knapp 38 Prozent auf Mitgliedstaaten des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ; EU-Länder plus elf weitere Staaten). Patente würden im Endeffekt Monopole darstellen und Verwertungsrechte sichern, betonte Rödler: „Das heißt, wir importieren wirtschaftliche Monopole Dritter in den europäischen Raum." Im vergangenen Jahr betrug die sogenannte „Patentaktivität" der Europäer beim Europäischen Patentamt 152 Anmeldungen je Million Einwohner. Zum Vergleich: Aus Japan stammen 370 Anmeldungen je Million Einwohner, aus Südkorea 265, aus Israel 212 und aus Amerika 192. Singapur hat in Europa mit 151 Anmeldungen ebenfalls „europäisches" Niveau erreicht.

Abgesehen von diesen Zahlen tickt aus Sicht Rödlers aber noch eine „Bombe": China kommt zwar derzeit nur auf einen Wert von 13 Anmeldungen je Million Einwohnern beim EPA. Beim Chinesischen Patentamt seien 2011 aber rund 1,1 Millionen Patentanmeldungen erfolgt, 90 Prozent davon von Chinesen selbst, gibt der Fachmann zu bedenken. Das entspricht einem Wert von 740 Innovationen je Million Einwohner und damit um 200 mehr als im Jahr davor. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis diese „übervoll gefüllte Pipeline" nach Europa fließe.

Die Ware Erfindung wird in Zukunft auch aus dem chinesischen Raum importiert, meint Rödler. „Wir sind gewohnt, die Chinesen nur als Kopiervolk zu sehen, und übersehen, dass dort eine gewaltige Innovationsmacht entsteht." Die Reaktion Europas: „Wir diskutieren seit einem halben Jahrhundert über die Einführung eines gemeinsam gültigen, unmittelbar wirkenden Patents in der EU." Zwar gebe es ein einheitliches Patenterteilungsverfahren für die EPÜ-Staaten, jedoch keinen unmittelbar wirksamen Rechtstitel und keine übernationale Gerichtsbarkeit. Ein Grund ist die „Sprachendiaspora": So sei die geplante Reduktion auf nur drei Sprachen (Englisch, Französisch, Deutsch) beim Patentverfahren auf Widerstand Spaniens und Italiens gestoßen.

Ein weiteres Problem ist der Streit um den Sitz der zentralen Kammer des EU-Patentgerichts. Nach einem Dreikampf zwischen London, Paris und München wurde die Frage so gelöst, dass Paris ein „Haupt-Sitz" zugesprochen und London und München mit Niederlassungen getröstet wurden: „So kann das nicht funktionieren." Das Europäische Patentamt (EPA) bearbeitete im vergangenen Jahr beinahe eine Viertelmillion Patentanträge und erteilte 62115 Patente. Mit Siemens und Philips führen zwei europäische Unternehmen die Liste der größten Patentwerber beim EPA an. In der EU kostet es derzeit rund 36 000 Euro, sich ein Patent zu sichern, während es in den Vereinigten Staten nur 2000 Euro und in China nur 600 Euro sind.

Diese hohe finanzielle Belastung für innovative Unternehmen könnte sich Europa nicht leisten, beklagen Fachleute. Durch das geplante EU-Patent - nicht zu verwechseln mit dem derzeitigen Europäischen Patent, das zusätzlich von den einzelnen Mitgliedstaaten bestätigt werden muss - sollen die Kosten der Patentanmeldung auf ein Bruchteil sinken.

(Quelle: F.A.Z. )

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