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Powershopping auf Chinesisch

2013-08-25

 ·  Fisslertöpfe, Gucci-Taschen, Rimowa-Koffer: Chinesen kaufen Frankfurts Läden leer. Keine andere Stadt wird so überrannt von Touristen aus Fernost.

 
                     Frankfurt ist für Chinesen das beliebteste deutsche Shopping-Ziel.

Alles findet sich in der Küchenabteilung des Kaufhofs: Messer von Fissler, Pfannen von Fissler, Kochtöpfe von Fissler. Und Chinesen. Sie drehen, wenden und kaufen die Produkte der Marke aus Idar-Oberstein, massenhaft. „Es gibt Tage, da shoppen sie uns die komplette Abteilung leer", sagt die Verkäuferin im Kaufhaus auf der Frankfurter Zeil. Was finden Chinesen nur an Kochgeschirr aus deutschen Landen?

"Das hält für die Ewigkeit und ist in China schwer zu bekommen", sagt Haitao Xiu. Der Mann ist Herausgeber der „Chinesischen Handelszeitung", die über alles berichtet, was zwischen Deutschland und dem Reich der Mitte passiert. Sitz der Redaktion ist Frankfurt - die Stadt, die jahrzehntelang als einzige Deutschlands auf der Wetterkarte der chinesischen Fernsehnachrichten eingezeichnet war. In keine Stadt kommen so viele Chinesen wie nach Frankfurt.

Touristenhochburg Frankfurt

Das hat vor allem mit dem Flughafen zu tun, auf dem die Maschinen aus Peking und Schanghai landen. Die klassische Reiseroute der Touristen beginnt am Main, führt über Köln, Rotterdam, Den Haag. Für drei Tage geht es nach Paris und über die Karl-Marx-Stadt Trier zurück an den Main.

70 Millionen Hotelübernachtungen von Ausländern gab es in Deutschland vergangenes Jahr, Frankfurt lag dabei hinter Berlin und München auf Platz drei. Wächst der Tourismus aus China bis 2020 um ein Viertel, wie von der Reisebranche erwartet, drängt Frankfurt noch weiter nach vorne. Vor zwei Dekaden kamen noch fast ausschließlich Geschäftsleute aus China nach Deutschland, mittlerweile sind die Touristen in der Überzahl. Und sie bringen Geld mit.

Chinesen revolutionieren den Einzelhandel

Bei seiner achttägigen Europareise gibt der Chinese durchschnittlich 1800 Euro aus, ein „riesiges Potential", wie die Deutsche Zentrale für Tourismus jubelt. Eine größere Mittelschicht in China, das heißt mehr Kaufkraft in Frankfurt, wo die Lederwarenläden auf der Goethestraße mittlerweile strenge Regeln aufgestellt haben: Pro Chinese sind nur zwei Gucci-Handtaschen erlaubt, sonst nimmt die Marke Schaden.

Die Massen aus China krempeln in Frankfurt den halben Handel um. Konzerne aus China investieren ihr Geld nun nicht mehr nur in schwäbische Maschinenbauer wie Putzmeister. Die Chinesen steigen in die Hotelbranche ein, den Anfang machen sie in Frankfurt: Der zweitgrößte, privat geführte Hotelbetreiber aus China kaufte jüngst das „Golden Tulip" in Offenbach für neun Millionen Euro - 17 Stockwerke sollen für 20 Millionen Euro renoviert werden und als Nobelherberge „New Century" mit 224 Zimmern und 16 Suiten öffnen.

Mit chinesischem Koch und Einwegpantoffeln, die Chinesen lieben. Der Schanghaier Immobilienentwickler Greenland eröffnete in Frankfurt das „Qube"-Hotel, der Huarong-Konzern will hier ein ehemaliges „Swissôtel" umbauen.

Rund 180.000 Nächte verbrachten Chinesen 2012 in Frankfurt, im Vergleich zum Vorjahr ein Zuwachs von 22 Prozent. Doch teuer dürfen die Zimmer nicht sein, sind für Hotel, Essen und Transport doch im Reisebudget oft nur 50 Euro pro Kopf und Tag eingeplant.

Der Shopping-Kommissar

Dann bleibt mehr für Shopping. Daheim verbringen Chinesen im Schnitt dreimal so viel Zeit in Geschäften wie Amerikaner, im Ausland bricht sich die Kauflust erst recht Bahn, hat Journalist Xiu beobachtet, der Reisegruppen mit chinesischen Politikern und Managern durchs Land führt: „Shopping in Frankfurt ist für Chinesen ein mentales Highlight." 907 Euro gibt der Chinese laut Free-Tax-Statistik in der Stadt aus und ist damit mit Abstand am kauffreudigsten unter den Touristen, noch vor den Russen.

Das ruft Berater auf den Plan: Eastsong heißt der Marktführer im Geschäft mit den Chinesen. Inhaber Wang Gang bringt chinesische Tourguides und deutsche Einzelhändler zusammen. Wenn Chinesen in Frankfurt einkaufen, führt nicht der Zufall Regie. „Ihr Zugang zu chinesischen Luxusreisenden", wirbt Eastsong in der Schmuck- und Uhrenindustrie und erläutert, „wie ich die Aufmerksamkeit chinesischer Reisender auf mein Geschäft lenken kann und daraus Umsatz generieren" - etwa, indem während der Fahrt vom Flughafen in die Stadt eine Produkt-DVD läuft, verbringt der chinesische Tourist im Bus doch „vier bis fünf Stunden" pro Tag.

Eastsong bietet Shopping-Stadtkarten mit den eingezeichneten Läden der „Partner" und eine iPhone-App. Weil die Kreditkarte China Unionpay, die in China ein Monopol hat, in Europa meist nicht akzeptiert wird, hat Eastsong in den Frankfurter Läden jetzt Unionpay-Lesegeräte installieren lassen. Chinesische Touristen sprächen kein Englisch und seien deshalb dem Tourguide völlig ausgeliefert, nicht zuletzt bei der Frage, „wo beim Shoppen das Geld ausgegeben werden soll", teilt das Unternehmen mit. Deshalb veranstaltet es Seminare in riesigen Hallen, in denen 600 Reiseleiter deutschen Händlern auf der Bühne bei der Produktpräsentation zugucken können. Doch auch auf Händlerseite gibt es Lernbedarf.

Kaufhäuser wie Galeria informieren zwar im Erdgeschoss per chinesischen Etagenplan, dass die „Herren-Welt" im dritten Stock liegt. Doch zwischen Personal und Shopping-Chinesen sind die kulturellen Gräben weiterhin tief. Eine Viertelstunde sei der Verkäufer in der Galeria für die gewünschten Schuhe im Lager verschwunden, berichtet Teilzeitreiseleiter Xiu vom vormittäglichen Besuch einer Gruppe Politiker aus China, die dicke Einkaufslisten in den Händen hielten: „Das ist viel zu lange. Die Gruppen haben für den ganzen Laden nur eine halbe Stunde." Auch das Provisionssystem, das den Reiseleitern zehn Prozent der Verkaufssumme zuteilt, die dafür ja auch die Käufergruppen anschleppen, sei deutschen Gewerbetreibenden „oft noch fremd".

Nach dem ersten Großeinkauf der Chinesen, berichtet Xiu, zeigten sich die deutschen Händler allerdings meist sehr lernwillig.

(Quelle:faz.net)

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