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Chinesen kaufen in großem Stil deutsche Firmen auf

2014-02-01

Meist sind wenig bekannte Mittelständler betroffen.

Von Frank Stocker

Motorola wird chinesisch. Die Übernahme der Google-Mobilfunktochter durch den Lenovo-Konzern hat weltweit Schlagzeilen gemacht. Gleichzeitig kaufen chinesische Firmen ebenso eifrig Unternehmen in Deutschland auf. Allerdings sind diese Übernahmen wesentlich weniger publikumsträchtig. Meist sind mittelständische, nur regional bekannte Firmen betroffen. Doch für den globalen Wettbewerb sind deren Technologien oft besonders wichtig. 25 deutsche Firmen wurden im vergangenen Jahr von Chinesen gekauft, wie eine aktuelle Analyse der Unternehmensberatung Ernst&Young (EY) zeigt. Damit war Deutschland neben Großbritannien das beliebteste Ziel für solche Übernahmen in Europa. In Frankreich fanden die Investoren aus dem Reich der Mitte nur 15 attraktive Firmen, in Italien und Schweden jeweils sieben.

Insgesamt wanderten jedoch so viele europäische Firmen wie noch nie in chinesische Hände. 120 Unternehmen und Unternehmensbeteiligungen erwarben sie 2013. Im Jahr davor waren es 119, 2004 dagegen gerade mal 34. In Deutschland ist China inzwischen der sechstwichtigste Investor, hinter den USA, Großbritannien, der Schweiz, Frankreich und Österreich. "Die Werkbank der Welt zu sein, genügt den chinesischen Unternehmen schon lange nicht mehr", sagt Yi Sun, Partnerin bei EY Deutschland und Leiterin des China-Geschäfts. Sie wollten expandieren und neue Märkte erschließen. "Zudem verfolgen sie das Ziel, sich verstärkt als Innovatoren zu positionieren – und benötigen dazu den Zugriff auf europäisches Know-how." Das finden sie vor allem in Deutschland. Prominenteste Beispiele für eine Übernahme waren im vergangenen Jahr Kion, ein Hersteller von Gabelstaplern und Lagertechnikgeräten, der Solarmodulentwickler Conergy oder die alte Traditionsmarke Pfaff (Nähmaschinen). Genau wie diese Firmen zeichnen sich auch die anderen Übernommenen meist dadurch aus, dass sie technologisch hochwertige Maschinen oder Produkte herstellen, seien es Elektrowerkzeuge, industrielle Ventilatoren (TLT Turbo) oder Designelemente im Fahrzeuginnenraum (HIB Trim Part Solutions).

Ganz klar im Fokus stehen dabei Firmen aus der Automobilindustrie. "Chinas Autobranche drängt auf den Weltmarkt und benötigt dafür das Know-how, die kompetenten Mitarbeiter und die Netzwerke europäischer und insbesondere deutscher Automobilunternehmen", sagt Yi Sun. In Großbritannien dagegen kauften Chinesen überwiegend Immobilienunternehmen oder Bergbaukonzerne, in Frankreich handelte es sich bei drei der 15 Übernahmen um Weingüter, hinzu kam ein Käsehersteller und ein Seifenproduzent.

Sun erwartet für die kommenden Jahre sogar eine weitere Zunahme chinesischer Übernahmen. "Das Interesse an deutschen Industrieunternehmen ist riesengroß." Zudem werde die zunehmende Professionalisierung der chinesischen Unternehmen in Bieterprozessen dazu führen, dass sie häufiger den Zuschlag erhielten. "Und auch dank der geraden von der chinesischen Regierung verabschiedeten neuen Vorschriften zur Erleichterung von Genehmigungsprozessen bei Auslandsinvestitionen werden Investoren aus China künftig gerade in Deutschland häufiger zum Zug kommen."

(Quelle: Die Welt, 01.02. 2014)

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