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Rede auf dem Empfang zur Amtseinführung , gegeben von Herrn Botschafter Ma

2007-08-06

Exzellenz,

Sehr geehrte Frau Staatsministerin,

Sehr geehrter Herr Staatssekretär,

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,

Sehr geehrter Herr Präsident der IHK Frankfurt,

Liebe Kollegen des konsularischen Corps,

Meine Damen und Herren, liebe alte und neue Freunde,

als 2. Generalkonsul seit der Einweihung des Generalkonsulats der Volksrepublik China hier in Frankfurt, möchte ich heute an dieser Stelle meinen herzlichen Dank für die großzügige Unterstützung und Zusammenarbeit aussprechen, die meiner Vorgängerin und mir seit meinem Amtsantritt am 31. Mai 2006 seitens des Magitrats und der Stadtverordnetenversammlung in Frankfurt, der Landesregierungen, Stadtverwaltungen und der verschiedenen konsularischen Corps in Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland gewährt worden sind. Dieser Dank richtet sich außerdem an alle Verwaltungsstellen, Industrie- und Handelskammern, Verbände, Kulturinstitutionen, Hochschulen und Unternehmen sowie an alle anderen Organisationen und Personen, die mit China zu tun haben. Mein Dank gilt heute insbesondere allen denjenigen, die ihren Urlaub unterbrochen und hunderte von Kilometern zurückgelegt haben, um am heutigen Empfang teilnehmen zu können.

Meine Damen und Herren,

daß die 5 Bundesländer, die in unseren Konsularbezirk fallen, einen hohen Stellenwert in den chinesisch-deutschen Beziehungen haben, kommt nicht von ungefähr: Sie gehören zu den wirtschaftlich stärksten in Deutschland, ihr Bruttoinlandsprodukt macht nach Angaben des Statistischen Bundesamts 51% des gesamtdeutschen BIPs aus. Seit rund 20 Jahren pflegen sie Partnerschaften mit 11 Provinzen im Reich der Mitte, außerdem sind ca. 18 deutsche Städte in diesem Raum mit 20 chinesischen Städten verschwistert. Am 24. Oktober des laufenden Jahres wird der feierliche Festakt zum 20jährigen Jubiläum der Partnerschaft zwischen der Provinz Jiangsu und dem Land Baden-Württemberg im Stuttgarter Schloß stattfinden, und im November tagt in Freiburg zum 17. Mal die Gemischte Arbeitsgruppe für Zusammenarbeit in Wirtschaft und Handel mit der anderen baden-württembergischen Partnerprovinz Liaoning. Und die Partnerschaften zwischen den Provinzen Fujian und Jiangsu auf chinesischer und den Ländern Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen auf deutscher Seite haben sich seit 17 bzw.18 Jahren vielfach bewährt. Auch die Städte Kanton und Frankfurt sind dabei, Vorbereitungen auf das 20jährige Jubiläum ihrer Beziehungen im Jahre 2008 zu treffen und dabei eine Bestandsaufnahme vorzunehmen.

Im Bereich der Bildung und Wissenschaft können wir feststellen, daß in unserem Konsularbezirk 159 Partnerschaften mit chinesischen Universitäten unterhalten werden; von deutlich mehr als 30,000 chinesischen Studenten in Deutschland studiert z. Z. ungefähr die Hälfte in diesem Raum. An 29 Universitäten bzw. Fachhochschulen von Münster bis Konstanz werden ca. 1800 Studienplätze für Sinologie oder Wirtschaftssinologie angeboten, 2 weitere Konfuzius-Institute werden im laufenden Jahr in Frankfurt und Düsseldorf eingeweiht. Viele Max-Planck-, Fraunhofer-, Helmholzinstitute und Leibnitz-Gemeinschaften in diesen 5 Bundesländern haben enge Austausch- und Kooperationsbeziehungen mit chinesischen Partnern. Hier gibt es 29, ab dem 05. September in Speyer sogar 30 Deutsch-Chinesische Freundschaftsgesellschaften, , die sich sehr für den Austausch und Dialog zwischen beiden Völkern engagieren.

Schließlich möchte ich noch ein paar Daten aus dem Bereich der Wirtschaftsbeziehungen anführen, die ja das solide Fundament der politischen Beziehungen bilden und seit Beginn der Reform- und Öffnungspolitik in China eine rasante Entwicklung erfahren haben. Der Umsatz des chinesischen Deutschlandgeschäfts hatte 2005 einen Anteil von fast 30% am chinesischen Warenverkehr mit allen 25 EU-Ländern; deutschen statistischen Angaben zufolge beläuft sich der Warenverkehr der erwähnten 5 Bundesländer auf 32,47 Mrd. Euro, was 53% des gesamtdeutschen Chinageschäfts ausmacht. Nicht nur die großen Namen wie Daimler Chrysler, ThyssenKrupp, BASF, Bayer, Degussa, Robert Bosch, Lufthansa, Fraport, Metro, Messe Düsseldorf und Frankfurt, Telecom, Deutsche Bank, Dresdner Bank, Commerzbank, WestLB, Deutsche Post usw.usf. haben im Zuge der internationalen Arbeitsteilung und Globalisierung durch Kapitalanlagen in Milliarden-Höhe neue Marktanteile in China gewonnen und ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit verbessert, sondern auch hunderte mittelständische Unternehmen haben Fuß im Reich der Mitte gefaßt; allein aus Baden-Württemberg sind über 50 klein- und mitttelgroße Unternehmen in der Partnerprovinz Jiangsu niedergelassen. Was die Niederlassung chinesischer Firmen im Konsularbezirk anbelangt, so sind ca. 500 zu nennen, von denen die Mehrzahl in Frankfurt, Düsseldorf und Köln konzentriert ist. Rund 5,000 chinesische Aussteller haben sich im letzten Jahre an 43 Messen in Frankfurt, Köln, Düsseldorf, Stuttgart, Offenbach und Ludwigsburg beteiligt.

Wenn wir heute auf den Stand der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen zurückblicken, die beiden Staaten Vorteile gebracht haben, müssen wir den Aktivitäten der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit in Eschborn und des Senior Expert Service in Bonn besondere Aufmerksamkeit widmen. Im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hat die GTZ seit 1981 insgesamt 139 Projekte in China in Bezug auf Armutsbekämpfung, Ernährungshilfe, Umweltschutz, Förderung der Marktwirtschaft, Aufbau der Gesetzgebung usw. durchgeführt. In diesem Rahmen sind mehr als ein tausend Lang- und Kurzzeit-Fachkräfte ins Reich der Mitte gereist, haben dort gearbeitet, den chinesischen Partnern geholfen, Freundschaften geschlossen, Follow-up-Projekte vermittelt und einen großen Beitrag zur Verständigung der beiden Völker geleistet. Eine ähnliche Rolle haben 3655 Senioren Experten, die in den letzten 23 Jahren auf freiwillger Basis von SES nach China gesandt wurden, im Modernisierungsprozeß der chinesischen Betriebe gespielt.

Meine Damen und Herren,

diese Zahlen und Fakten könnten fast unendlich fortgeführt werden. Wir wissen aber alle, daß dies nicht über Nacht soweit gekommen ist, daß vielmehr die Wurzeln der beiderseitigen Beziehungen mehrere Jahrhunderte zurückreichen. In dieser Hinsicht sind hier 2 große Namen als geistige Mittler zwischen China und Deutschland zu nennen: Johann Adem Schall von Bell und Richard Wilhelm.

1592 in Köln geboren, studierte Schall von Bell in Italien Mathematik, Physik, Theologie und Astronomie. 1619 kam er im Auftrag des Jesuitenordens nach Makau, wo er Chinesisch lernte, um 1623 nach Peking zu gehen. In seiner 40jährigen Tätigkeit in China war Schall von Bell als Wissenschaftler und Astronom viel erfolgreicher und bekannter denn als Missionar: er übersetzte Gallileis Werk über das Fernrohr und Georg Agricolas „De re metallica" am Kaiserhof ins Chinesische, reformierte den chinesischen Kalender nach europäischem Vorbild und veröffentlichte ein Buch über die Berechnung der Sonnen- und Mondfinsternisse. Schließlich wurde er zum Direktor des Astronomischen Amtes und sogar zum Mandarin 1. Klasse ernannt, er war also ranghöchster Mandarin wie ein Minister der damaligen Kaiserzeit. Sein Arbeitszimmer auf der Sternwarte, seine Wohnung in der katholischen Kirche „Nantang" sowie seine letzte Ruhestätte, wo er mit anderen 60 ausländischen Wissenschaftlern, Malern und Missionaren beigesetzt wurde und die nur einen Kilometer von meinem Zuhause in Beijing entfernt ist, sind bis heute erhalten und allen Besuchern zngänglich.

Richard Wilhelm wurde 1873 in Stuttgart geboren, studierte im Tübinger Stift evangelische Theologie. Er kam 1899 nach Qingdao, wo ich geboren wurde und aufgewachsen bin. Aus dem christlichen Missionar wurde aber schon bald ein Bewunderer und Fürsprecher der chinesischen Kultur, indem er sich eifrig dem Studium der chinesischen Sprache und Literatur hingab. Wie er später selbst berichtete, habe Richard Wilhelm in den 25 Jahren seines Wirkens in China nicht einen Chinesen zum Christentum bekehrt. Er setzte sich für den Austausch zwischen westlicher und chinesischer Kultur ein, zog sich zunehmend aus der Missionstätigkeit zurück und widmete sich ganz seinen sinologischen Arbeiten. 1905, also nur sechs Jahre nach seiner Ankunft in China konnte er bereits „Lun Yu", Die Gespräche des Konfuzius, und „Da Xue", Die große Lehre, ein weiteres klassisches Werk des Konfuzianismus, ins Deutsche übertragen. Nach langjähriger enger Zusammenarbeit mit chinesischen Gelehrten „verdeutschte" Wilhelm 1911 das „Daodejing, das Buch des Alten vom Sinn und Leben", das wichtigste Werk des Taoismus, und 1924 das „Yijing", das Buch der Wandlungen, wohl das schwierigste Werk des chinesischen Altertums. Seine eigenen Werke, wie z.B. „Die chinesische Wirtschaftspsychologie" und "Die chinesische Seele" haben lange Zeit die Kommunikation und Verständigung zwischen beiden Ländern, auch als Wirtschaftspartner, erleichtert. 1924 erhielt Richard Wilhelm die Honorarprofessur und einen Lehrauftrag für Chinakunde und Chinaforschung an der Universität Frankfurt, baute das China-Institut auf, dessen erster Direktor er 1925 wurde.

Meine Damen und Herren,

daß das China-Institut reaktiviert wird, hat uns besonders gefreut; und daß es hier eine neue Synthese von Wissen und Handel unter aktiver Mitwirkung der IHK Frankfurt anstreben will, schätzen wir hoch ein. Um dem China-Institut zu seiner Wiedereinweihung herzlichst zu gratulieren, hat das Generalkonsulat beschlossen, während der Frankfurter Buchmesse 160 chinesische Neuerscheinungen an ihre Bibliothek zu spenden, weitere Spenden kommen noch nach.

Meine Damen und Herren,

An diesem kurzen Überblick über den Stand der chinesisch-deutschen Beziehungen und deren historische Hintergründe können wir sehen, daß das Potential der beiderseitigen Kooperationen bei weitem noch nicht ausgeschöpft ist. Heute will ich aber bewußt nicht ankündigen, was in der Zukunft getan werden soll; in den kommenden Tagen, Wochen, Monaten und Jahren werden Sie sehen und erleben, wie das Generalkonsulat und ich unermüdlich versuchen werden, um das Potential Schritt für Schritt auszuschöpfen. Um zu zeigen, in welchem Geist eine Zukunft angestrebt wird, die den beiden Völkern zugute kommen soll, darf ich den letzten Absatz des Daodejing, des Buchs des Alten vom Sinn und Leben, geschrieben von Laozi vor 2400 Jahren, zitieren. Man kann diesem Text entnehmen, wie ein verdeutschter Text von Richard Wilhelm dem Sinn nach klingt und wie Richard Wilhelm die chinesische Philosophie sozusagen als eine Win-Win-Perspektive verstanden hat:

Wahre Worte sind nicht schön,

schöne Worte sind nicht wahr.

Tüchtigkeit überredet nicht,

Überredung ist nicht tüchtig.

Der Weise ist nicht gelehrt,

der Gelehrte ist nicht weise.

Der Berufene häuft keinen Besitz auf.

Je mehr er für andere tut,

desto mehr besitzt er.

Je mehr er anderen gibt,

desto mehr hat er.

Des Himmels SINN ist fördern, ohne zu schaden,

Des Berufenen SINN ist wirken, ohne zu streiten.

Im Sinne Richard Wilhelms und des Daodejing wollen wir mit allen Kräften die bilateralen Beziehungen zwischen China und Deutschland in jeder Hinsicht fördern, ohne der anderen Seite oder Dritten zu schaden; lassen Sie uns alle an diesem Prozeß intensiv mitwirken, und unser gemeinsames Ziel anstreben, ohne über Kleinigkeiten zu streiten !

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

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